Naturschutzgebiet „Martine Clesse“ des Mittelbach



Die Unterstützung privater Spender ist ein wichtiges Standbein für den Naturschutz in
Ostbelgien. Dass aber gleich ein ganzes Naturschutzgebiet mit Hilfe eines privaten
Sponsors entsteht, ist eher ungewöhnlich. Das Naturschutzgebiet im Tal des
Mittelbachs bei Crombach ist ein solcher Ausnahmefall – auf Wunsch des
großzügigen Spenders erhielt es den Namen „Martine Clesse“.
Der Mittelbach, ein Nebenfluss der Braunlauf, fließt südwestlich der Ortschaft
Crombach durch eine offene, leicht gewellte Feldlandschaft. Grüne, intensiv genutzte
Wiesen und Viehweiden dominieren bis zum Horizont das Bild. Lediglich die feuchten
Wiesen im Talgrund sind von der landwirtschaftlichen Intensivierung der letzten 50
Jahre verschont geblieben. Sie bilden heute ein wichtiges Refugium für bedrohte Tierund
Pflanzenarten.


Torfstiche und Flüxgräben

Das war nicht immer so. Bevor Mitte des 20. Jahrhunderts der Kunstdünger seinen Einzug in
der Landwirtschaft antrat, stellten die Talwiesen das überlebenswichtige Kapital der
Kleinbauern dar: dort wurde das für die Lokalökonomie unentbehrliche Heu als Winterfutter
fürs Vieh geerntet. Entsprechend aufwendig wurden die Wiesen gepflegt. Als
"Düngemethode" war die Wiesenbewässerung verbreitet. Von dem mühsamen Unterhalt der
Wiesen zeugen noch heute historische Spuren der sogenannten „Flüxgräben“.

Massiver Rückzug des Braunkehlchens

Ein wichtiger Grund für die Unterschutzstellung des Tals durch Natagora/BNVS ist die
reichhaltige Wiesenvogelwelt des Tals, mit dem Braunkehlchen als "Flaggschiff". Nur auf
den brachliegenden Feuchtwiesen der Täler der mittleren und der Hochardennen finden sich
heute noch nennenswerte Populationen der Art. Sein bevorzugter Lebensraum sind die
extensiv bewirtschafteten Feuchtbrachen mit Hochstauden (vor allem Engelwurz, Mädesüß)
und Büschen als Jagdwarten.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war das Braunkehlchen in Eifel und Ardennen auf fast jeder
Wiese anzutreffen. Der massive Rückzug dieser Art – das wissen wir heute - ist auf
Veränderungen der Landschafts-struktur und auf die Intensivierung der Bewirtschaftung der
Mähwiesen zurückzuführen.
Das Überleben der Restbestände des Braunkehlchens und das einer Reihe weiterer
bedrohter Bodenbrüter hängt davon ab, ob es gelingen wird, einen ausreichenden Anteil der
landwirtschaftlich genutzten Flächen auch in Zukunft auf eine traditionelle
und damit schonende Art und Weise zu bewirtschaften. Keine leichte Aufgabe:
Entwässerungen und Bodenauffüllungen, Weihnachtsbaumkulturen und das Ausbaggern
von Freizeitweihern bedrohen auch heute noch die wenigen verbliebenen Reste an Feuchtbrachen.
In den Feuchtwiesen des Mittelbachtals ist das Braunkehlchen glücklicherweise auch heute noch ein regelmäßiger Brutvogel. Am ehesten kann man es hier noch entdecken, wenn es von seiner bevorzugten Sitzwarte, etwa der Blütendolde einer Hochstaudenpflanze oder einem Zaunpfahl, Ausschau nach Insekten hält.

20 Hektar Feuchtwiesen

Natagora/BNVS bemüht sich heute um die Erhaltung der Wiesentäler als Rückzugsgebiet für eine reichhaltige Flora und Fauna und als kulturhistorisches Erbe einer jahrhundertealten Tradition der extensiven Wiesennutzung in den Ardennen. Durch den Ankauf der zahlreichen Klein - und Kleinstparzellen (das Resultat der Erbteilung über viele Generationen) wird versucht, ein größeres Naturschutzgebiet zu schaffen.
Bis heute sind im Mittelbachtal bereits über 20 Hektar Feuchtwiesen als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden.

Naturpflegearbeiten

Um die Fortpflanzung der seltenen Bodenbrüter, wie Braunkehlchen, Feldschwirl und Wiesenstelze zu gewährleisten, darf im Naturschutzgebiet, wie zu früheren Zeiten erst ab Mitte Juli gemäht werden. Diese Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit hiesigen Landwirten durchgeführt. Als weitere Pflegemaßnahmen ist stellenweise das Entfernen nicht standortgerechter Gehölze vorgesehen: es handelt sich hier um punktuelle Eingriffe, die alljährlich von freiwilligen Mitarbeitern der Vereinigung im Rahmen von Pflegewochenenden durchgeführt werden. Die Workcamps, deren Teilnahme jedermann offensteht, bieten zugleich eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Naturschutzgebiet zu entdecken.

Verwalter des Naturschutzgebietes:



Judith Thelen


Seitenanfang nach oben