Naturschutzgebiet der Warche


Rohrammer - Emberiza schoeniclus
Foto: Martine Lejeune


Die Berge sind die Mütter der Flüsse - sagen die Mongolen. Im Quellgebiet der Warche wird dieses Phänomen besonders deutlich, denn hier entspringt dem Schoße jeder Erhebung ein Quell, der weiter zu Tal rieselt um sich mit anderen zu vereinigen und zu einem nicht unbedeutenden Strom anzuwachsen.
Prägende Vergangenheit
Die Quellregion der Warche, deren größere Zuflüsse - Tiefenbach und Holzwarche - eine bedeutende Rolle im Wasserhaushalt dieser Region spielen, stellt sich auch aus naturschützerischer Sicht als etwas Einzigartiges dar.

Die Besiedelung der Region erfolgte wahrscheinlich zu Beginn des Mittelalters. Die Menschen begannen damit, den Wald zu roden, um Lebensraum für sich und ihr Vieh zu schaffen. Dies führte zu dem, was noch heute erhalten ist und den besonderen Reiz ausmacht, nämlich der Schaffung der kältesten, hochgelegensten und niederschlagreichsten Gegend Belgiens. Nördlich der Warche zählt die Landschaft noch zum Hohen Venn und teilt mit diesem - nur wenige Meter höheren - Erhebungsteil die gleiche Vegetation. Zahllose Touristen suchen hier Erholung, schöpfen Kraft in den Gasthöfen, nutzen die Campingmöglichkeiten, die Skipisten im Winter und die Wanderrouten im Sommer. Dank der noch vielerorts unberührten Natur, die hier der einzige wahrhafte Bodenschatz ist, könnte für die Zukunft eine noch wichtigere Einnahmequelle im Tourismus liegen.

Biologisch wertvoll
Als BNVS in den achtziger Jahren mit dem Flächenankauf begann, entschied man sich bewusst für die Region der Warchequellen. Die Landwirtschaft befand sich im Wandel, schwierig zu bewirtschaftete Parzellen schieden nach und nach aus und lagen brach. So wurde von den ersten, die das Potential der Gegend erkannten, zuerst das biologisch interessante Kleinfüllenbachtal erworben. Die Verantwortlichen erfassten rasch, welches Potential in der Region stecken könnte und so kamen bald Flächen am Kappertzvenn, am Bilderberg und entlang der Zuflüsse Warche und Holzwarche hinzu.



Herbstzeitlose - Colchicum autumnale Foto: Andrea Fasch

Bewirtschaftung durch Robustrassen
Diese Zukäufe werden seit 2003 nach und nach landschaftspflegerisch bewirtschaftet. Teilflächen werden inzwischen mit Robustrassen extensiv beweidet, andere Gebiete werden zur Heugewinnung für diese Tiere genutzt.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Pflege erfolgt in einem biologischen Kreislauf und ist kostenneutral. Ein Verbuschen wird verhindert um den Artenreichtum und den biologischen Wert zu erhalten und eventuell diese Stücke noch interessanter zu machen. Interessanter auch für die umliegenden Ortschaften, die dieses für den Tourismus nutzen könnten - ein Potential, das mit ausschließlich intensiven Nutzungsmethoden unweigerlich verloren gehen würde.

WWF-Projekt
Einen wichtigen Verbündeten sollte man auch hier nicht vergessen - da die Warchequellen das Regenwasser der niederschlagreichsten Region auffangen, kann hier effektiv die Menge des in die größeren Flüsse strömenden Wassers reguliert werden, indem man natürliche Überflutungsflächen schützt und bestehende Drainagen schließt. Dies hat der WWF erkannt und hier ein Hochwasserprojekt angesiedelt. Wiederum eine Investition in die Zukunft, die vielfältige Früchte tragen kann, denn zusätzllich zu einem Hochwasserrückhalt, entstehen wichtige Feuchtgebiete, die biologische Nischen öffnen für Arten, die andernorts längst verloren sind, hier aber noch anzutreffen sind. Brutgebiete für Wiesenbrüter wie das bedrohte Braunkehlchen, Hecken für Neuntöter und Raubwürger, Steinkuhlen für Eidechsen und Käfer, Feuchtgebiet für Knabenkraut, Beinbrech, vielfältigste Hochflurstauden und ihre Bewohner. Als eines der Besonderheiten ist die intakte Hochmoorvegetation des Kappertzvenns zu nennen.


Schafstelze - Motacilla flava
Foto: P. Dubois

Mit vereinten Kräften
Galloways und Ungarische Steppenrinder kommen als Weidetiere hier zum Einsatz. Sie gehören zu den ältesten - durch Menschen gezüchtete - noch existenten Rinderrassen und sind dem Klima sehr gut angepasst. Nicht zuletzt soll auch das sehr ausgeprägte Engagement des Fischerbunds, der "Ligue des Pêcheurs de l'Est" - der angekaufte Feucht-Flächen für den Naturschutz zur Verfügung stellt und die Aktivität der örtlichen Forstbeamten erwähnt werden. Sie alle arbeiten daran, den Schatz der Warchequelle zu erhalten.

Gewinn für die Anrainer
So entsteht im Naturschutzgebiet "Obere Warche" inzwischen ein einzigartiges Konglomerat unterschiedlicher Tätigkeiten, die dazu führen sollen die Region zu bewahren um ihren Reiz für viele Zwecke zu erhalten. Orte wie Hünningen, Wirztfeld, Mürringen, Rocherath und Honsfeld, direkte Anrainer der Projekte, können hiervon stark profitieren und sich den Synergieeffekt zu Nutze machen. So wird von Rocherath aus das Narzissenfest gefeiert, das ohne die Narzissen in den Tälern nicht stattfinden könnte, jedoch Hunderte von Besuchern anlockt. Hünningen, Gewinner des Dorfwettbewerbes 2005 war 2006 Gastgeber des BNVS-Naturtages - und hat hierdurch - zusätzlich zu seiner Teilnahme am Europawettbewerb - Naturschutz-Interessierte empfangen. Naturschutz ist nicht Selbstzweck sondern für jeden, Bewohner wie Besucher von großem Interesse.

Text: Andrea Fasch

Verwalter des Naturschutzgebietes:


Eric Leprince



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